Kaffeekapseln (Bildquelle: ymon / Pixabay.com)

Kompostierbare Kaffeekapseln: Nachhaltigkeit oder Greenwashing?

Die Bezeichnung „Kompostierbare Kaffeekapseln“ suggeriert, dass ihre Verwendung umweltfreundlich sei. In der Praxis sind biobasiertes Plastik und bioabbaubare Kunststoffe aber keine durch und durch nachhaltigen Alternativen. Denn indem die Hersteller lediglich ein neues Material für ihre Produkte verwenden, das im Entsorgungsprozess vor großen Herausforderungen steht, setzen sie den Einweggedanken genau genommen fort. Gibt es eine Lösung für diese Problematik?

Bequemlichkeit mit Folgen

Der Genuss portionierten Kaffees ist bequem und in Deutschland beliebt. Laut Tchibo Kaffeereport war im Jahr 2020 in über einem Fünftel aller deutschen Haushalte (22,1 Prozent) eine Kapselmaschine vorhanden. Über ein Viertel aller Kaffeekonsument:innen zwischen 18 und 64 Jahre genießen das anregende Getränk regelmäßig aus einer Kapselmaschine (26,1 Prozent). Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr (2019: 23,8 Prozent, 2021: 18,8 Prozent). Ein abnehmender Trend lässt sich daraus nicht ableiten – mit anhaltend schädlichen Folgen für die Umwelt.

Aluminiumkapseln: Recycling bleibt oft Theorie

Gefüllte Espressotasse von oben Kapselmaschinen können geschmacklich sehr guten Kaffee zubereiten. Entsorgung und Wiederverwertung der Einwegkapseln belasten aber die Umwelt. (Bildquelle: Jakub Dziubak / Unsplash)

Wegwerfkapseln aus Aluminium landen nach dem Gebrauch zum Großteil im Restmüll und damit in der Müllverbrennung. Hersteller wie Jacobs oder Nestlé mit Nespresso betonen dennoch immer wieder die Recyclingfähigkeit des Leichtmetalls – was theoretisch stimmt. Doch die Praxis sieht anders aus.

Was die wenigsten Verbraucher:innen wissen: Für die Wiederverwertung von Aluminium ist die korrekte Wertstofftrennung Voraussetzung. So müsste man nach Gebrauch das durchnässte Kaffeepulver von der Kapsel trennen, um den Kaffeesatz im Biomüll und das übrige Material in der Gelben Tonne mit dem Grünen Punkt zu entsorgen. Darauf weisen die Hersteller aber nicht ausdrücklich hin. Aber selbst wenn alle Kapselkaffeetrinker:innen vorbildlich handelten und ihren Abfall sorgfältig trennten, gäbe es nicht einmal einen geschlossenen Recyclingkreislauf für die kleinen Behältnisse. Denn die Wiederverwertung birgt einen so erheblichen Qualitätsverlust, dass sich aus dem recycelten Metall keine neuen Kaffeekapseln, sondern nur noch minderwertige Produkte herstellen lassen. Für die Produktion greift die Industrie also immer auf hochwertiges Aluminium zurück – und die Gewinnung des Leichtmetalls ist extrem energieaufwändig.

  • Nach dem Verpackungsgesetz gehören Kaffeekapseln aus Aluminium in den Restmüll. Sie sind nicht Teil des dualen Systems. Hersteller können aber eine Ausnahmegenehmigung für die Rücknahme über das duale System beantragen. Sie bezahlen dafür, dass Verbraucher:innen ihre Kapseln im Gelben Sack oder in der gelben Wertstofftonne entsorgen können. Die betreffenden Hersteller informieren über diese Möglichkeit auf der jeweiligen Verpackung oder auf ihrer Website. Metallkapseln können Sie außerdem bei einer Wertstoffsammelstelle abgeben.
  • Auch Einwegkapseln aus Kunststoff gehören in den Restmüll und weder auf den Komposthaufen noch in den Biomüll. Die Entsorgung über die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack sind nicht erlaubt, da die Sortieranlagen die Kapseln nicht erkennen und aussortieren können.
  • Wissenswertes zur Entsorgung auch anderer Materialien, zum Beispiel Elektroschrott, finden Sie hier.

Biokunststoff – ein grünes Märchen?

Symbol Recycling Dieses Zeichen besagt, dass ein Produkt recycelt werden kann. Es gehört aber erst dann auch in die Gelbe Tonne, wenn es zusätzlich den Grünen Punkt trägt. (Bildquelle: Pixabay)

Bioplastik als alternatives Verpackungs­material scheint die Lösung zu sein, um dem Kapselwahnsinn Einhalt zu gebieten. Aber wussten Sie, dass sowohl biologisch abbaubare als auch biobasierte Kunststoffe als „Bioplastik“ bezeichnet werden? Ihre Eigenschaften sind jedoch nicht identisch, was Folgen für die weitere Verwertung hat.

Der Begriff „biobasiert“ beschreibt Kunststoffe, die auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Das klingt nachhaltig, ist es aber nur bedingt. Um sich mit dieser Eigenschaft zu schmücken, reicht es, wenn sie nur teilweise aus Biomasse, zum Beispiel Mais und Zuckerrohr, bestehen. Daneben dürfen Sie auch fossile Anteile, manches Mal sogar mehrheitlich, aufweisen. Verpackungen aus biobasiertem Plastik, die Sie für das gute Gewissen kaufen, müssen also nicht zwingend biologisch abbaubar sein. Daneben gibt es biologisch abbaubare Kunststoffe, die nicht biobasiert sind.

Bioabbaubare Kunststoffe wiederum bestehen aus biologisch abbaubaren Polymeren: chemischen Verbindungen, die sich bei der Kompostierung durch biologische Mechanismen wie Mikroorganismen und Enzymen in Wasser, Kohlendioxid und Biomasse zersetzen. Aber Achtung: Bei der Eigenkompostierung werden Kunststoffkaffeekapseln, biobasiertes Einweggeschirr oder die dünnen Einkaufstüten für Obst und Gemüse, die das Label 100 Prozent kompostierbar tragen, nicht immer vollständig abgebaut. Die Verrottung kann Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern. Sie würden Ihren Kompost also auf sehr lange Zeit mit Resten von Plastik verunreinigen.

Stärken

  1. Bioabbaubare Kunststoffe sind theoretisch vollständig abbaubar
  2. Systemkapseln auch als wiederbefüllbare Mehrwegkapseln erhältlich

Schwächen

  1. Biobasierte Kunststoffe dürfen fossile Bestandteile enthalten
  2. Kompostierung dauert sehr lange Zeit
  3. Aluminiumkapseln lassen sich schwer recyceln
  4. Nach Verpackungsgesetz gehören Kaffeekapseln in den Restmüll

Herstellerversprechen als Ärgernis

Der Verwertungskreislauf für häuslichen Biomüll sieht die Entsorgung zunächst in der Biotonne vor. Von dort findet er seinen Weg weiter in eine industrielle Kompostieranlage, wo er sich laut dualem System unter bestimmten Bedingungen und innerhalb einer gewissen Zeit zu mindestens 90 Prozent zersetzen muss. Dann gilt er als vollständig kompostiert. Diese Voraussetzungen treffen zwar auf organischen Müll wie Kaffeesatz zu, nicht aber auf Biokunststoff. Dennoch werben Kapselmaschinen-Hersteller wie Beanarella oder Lavazza auf ihren Verpackungen in großen Lettern mit „zu 100 Prozent kompostierbar“ oder „voll verwertbar“. Vor dem Hintergrund der europäischen Norm EN 14332 sind diese Aussagen gesetzlich zwar nicht falsch, in der Realität aber so gut wie nicht umzusetzen.

Wann gilt eine Verpackung als vollständig kompostierbar?

Wenn sie alle folgenden Kriterien der Norm EN 13432 (für alle EU-Mitgliedsstaaten) bzw. DIN 13423 (für Deutschland) erfüllt:

  • Offenlegen: Welche Inhaltsstoffe lassen sich ermitteln und sind die Grenzwerte für Schwermetalle eingehalten?
  • Nachweisen: Sind mindestens 90 Prozent des organischen Materials nach sechs Monaten in einer wässrigen Umgebung in CO₂ umgewandelt?
  • Prüfen: Gibt es weniger als 10 Prozent Rückstände in Bezug auf die Originalmasse nach drei Monaten Kompostierung und anschließendem feinen Sieben?
  • Praxistest: Wirkt sich die Kompostierung negativ auf den gesamten Kompostierungsprozess aus oder nicht?
  • Agronomietest: Welchen Effekt hat der aus der Verpackung entstehende Kompost auf das Pflanzenwachstum?
  • Ökotoxizitätstest: Enthält der Kompost nach der Kompostierung eventuell Giftstoffe?

Die Erfahrungen eines Testberichte.de-Lesers bekräftigen diese Fakten. Er habe versucht, Beanarella-Kapseln zwei Jahre lang in einem Komposter für Küchenabfälle des Herstellers Neudorff zu kompostieren – mit dem ernüchternden Ergebnis, dass die Kapseln im Gegensatz zu den übrigen organischen Abfällen vollständig erhalten geblieben seien. Dennoch dürfen sich die Kaffeekapseln „kompostierbar“ nennen.

Kaffeekapseln Nutzerbild 1 Bilder eines Nutzers von Beanarella-Kaffeekapseln, die laut Hersteller kompostierbar seien, nach ...

Kaffeekapseln Nutzerbild 2 ... Aussage des Nutzers aber zwei Jahre wie auf den Bildern gelagert waren und nicht abgebaut wurden. (Bildquellen: Günter Trummlitz)

Ökologische Alternativen für sauberen Kaffeegenuss

Greifen Sie zu wiederbefüllbaren Mehrwegkapseln, wenn Sie auf Ihren Kapselkaffee nicht verzichten möchten. Diese gibt es von verschiedenen Herstellern, unter anderem für Nespresso-Maschinen. Den Kaffeesatz können Sie guten Gewissens im Biomüll oder auf Ihrem Komposthaufen entsorgen.

Eine fast abfallfreie Zubereitung von Kaffee gelingt Ihnen auch mit Filter-Kaffeemaschinen mit Dauerfilter, Kaffeevollautomaten, Siebträgermaschinen und klassischen Espresso- oder French-Press-Kannen – am besten mit Fair-Trade-Kaffee, der einem ganzheitlichen Konzept entspringt. Mit dem Kauf unterstützen Sie die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kaffee-Kleinbauernfamilien – und sparen dabei selbst noch Geld, da Kaffee in Kapseln um ein Vielfaches teurer ist als Kaffee aus Großpackungen.

Fazit

So begrüßenswert die Suche nach neuen innovativen Materialien und Produkten angesichts endlicher fossiler Ressourcen und immer größer werdender Probleme mit Plastikmüll auch ist, dürfen wir darauf nicht als Allheilmittel vertrauen.

Michael Jedelhauser, Referent für Kreislaufwirtschaft, Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU), fasst die aktuelle Situation knapp zusammen (Quelle: https://blogs.nabu.de/umweltfreundliche-kaffeekapsel). Die Verantwortung für Lösungswege sieht er aber nicht einseitig. Die Aufgabe von Herstellern sollte es sein, Einwegsysteme als solche sehr viel radikaler infrage zu stellen und an der Entwicklung nachhaltiger Alternativen und Mehrwegsysteme mit deutlich mehr Nachdruck mitzuwirken. Wir Verbraucherinnen und Verbraucher wiederum sind aufgerufen, unser generelles Konsumverhalten im Hinblick auf Einwegprodukte kritisch zu hinterfragen und zu verändern.

Zu den besten Kapselmaschinen

von

Katrin Werner

Fachredakteurin im Ressort Home & Life – bei Testberichte.de seit 2017.

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