Als ehemaliger PC-Spieler mit E-Sport-Vergangenheit und aus Bequemlichkeit inzwischen eingefleischter Konsolero war für mich die Zeit gekommen, in die Welt der Gaming-Handhelds einzusteigen. Während mir die anderen Konkurrenten, etwa das Steam Deck oder das Asus ROG Ally, in dieser noch sehr kleinen und nischigen Szene entweder zu schwach oder zu klein waren, kam der Release des Lenovo Legion Go für mich genau zur richtigen Zeit.
Die ersten Überraschungen kamen direkt beim Auspacken: Das Legion Go kommt in einer sehr hochwertigen Transporttasche mit dicken Reißverschlüssen und einer kleinen magnetischen Klappe, um das mitgelieferte 65-Watt-Netzteil anstecken zu können, ohne das Gerät aus der Tasche zu nehmen – echt praktisch. Zum weiteren Lieferumfang zählen lediglich ein dünnes Tuch als Schutz für das Display und eine magnetische Halterung für den FPS-Modus. Einmal aufgeladen, kann die Einrichtung beginnen. Da es sich um ein vollwertiges Windows-11-System handelt, dauert diese entsprechend lange.
Das im Vergleich zur Konkurrenz riesig wirkende 8,8-Zoll-Display ist eine Augenweide. Es ist hell, dank QHD+-Auflösung knackscharf, farbtreu und schafft bis zu 144 Hz in der Spitze. Das Gerät liegt sehr gut in der Hand, ist keinesfalls zu schwer – außerdem klappert nichts und die Verarbeitung wirkt tadellos. Die beiden Analogsticks nutzen die Hall-Effect-Technik, wodurch sie langlebiger und präziser sind. Knackpunkt zum aktuellen Zeitpunkt ist die Tatsache, dass die beiden Sticks eine relativ große Deadzone besitzen – also einen relativ weiten Bereich, in welchem Bewegungen des Sticks keine Eingabe auslösen. Laut Lenovo soll eine entsprechende Konfiguration per Software-Update nachgereicht werden.
Apropos Software: Bei jedem Systemstart öffnet sich die hauseigene Software „Lenovo Legion Space“. Diese ist essenziell für die fehlerfreie Nutzung des Geräts als Gaming-Device. Über sie können Sie die Performance steuern und Controller- sowie Systemeinstellungen durchführen. Allerdings regelt die Software auch die Skalierung der Vollbild-Anwendungen wie Games. Sie sollten daher darauf achten, dass die Legion-Space-Software permanent im Hintergrund läuft.
Tipp: Mit einer geeigneten USB-C-Dockingstation können Sie Maus, Tastatur und einen Monitor verbinden und das Legion Go als vollwertigen PC-Ersatz nutzen.
Der viel beworbene FPS-Modus meint einen eingebauten Maus-Ersatz: Die rechte der abnehmbaren Controller-Einheiten (vergleichbar mit der Nintendo Switch) kann in eine mitgelieferte Halterung gesteckt werden, sodass diese als Maus herhält. Das sieht in etwa so aus wie bei einer Vertikalmaus und ist für spontane Sessions echt praktisch. Wirklich oft habe ich das Feature bislang jedoch nicht genutzt, da es für mich nur für Strategiespiele infrage käme, welche auf dem kleinen Display aber umständlich sind. Shooter sind damit aber kein Problem.
Was ist an den im Netz kursierenden Mängeln dran?
Bereits vor Veröffentlichung wurde das Legion Go für sein Portrait-Display bemängelt. Im Grunde handelt es sich um ein für den Tablet-üblichen Hochkantbetrieb ausgelegtes Display, was laut vielen Usern problematisch sein soll. Bislang konnte ich keine einzige Einschränkung diesbezüglich feststellen, da die Legion-Space-Software jede Vollbild-App sowohl auf dem Go-Display als auch auf extern verbundenen Monitoren einwandfrei skaliert.Auch bezüglich der Lautsprecher wurde moniert, sie seien viel zu leise. Hier konnte ich das Problem ausschließlich bei Spielen im Microsoft Game Pass ausmachen. Games, die über Steam gestartet werden, sind bei rund einem Drittel der Lautstärke bereits auf Zimmerlautstärke. Das ist insofern ärgerlich, da beim Kauf ein dreimonatiger Gratis-Zeitraum für den Game Pass enthalten ist.
Leistungstechnisch kann mich das Lenovo Legion Go durchaus überzeugen. Ältere Games à la Half-Life 2, The Witcher oder GTA 5 laufen selbst bei hoher Grafikeinstellung mit butterweichen, konstanten 60 Bildern pro Sekunde. Aktuelle Titel wie Starfield oder Cyberpunk 2077 können durch stark herunter geregelte Grafikeinstellungen auch ohne Probleme flüssig genossen werden. Wer das gewisse Extra herauskitzeln möchte, kann sein Legion Go auf 144 Hz stellen, muss dann aber in den Performance-Modus schalten und mit lauterem Lüfter und deutlich verkürzter Akkulaufzeit vorliebnehmen. Letztere ist erstaunlich gut: Im 60-fps-Modus bei mittlerer Helligkeit schafft das Legion Go locker drei bis vier Stunden ohne Steckdose.