Für wen eignet sich das Produkt?
Das Golden Age Project R1 MK2 hat das Potential, die Recording-Gewohnheiten mancher Anwender gründlich zu verändern - falls diese noch nicht mit solchen Bändchenmikrofonen arbeiten durften. Wer zuvor keine großen Unterschiede wahrnehmen konnte, wenn mit dem Klangprofil unterschiedlicher Mikrofonarten experimentiert und darüber gefachsimpelt wurde - hier sind sie für jeden spontan hörbar. So treten beispielsweise bei Stimmen tieffrequente Anteile deutlich hervor, während Höhen schwächer abgebildet werden und ab einem gewissen Niveau markant abfallen. Der Effekt lässt sich durch die Distanz zum Mikrofonkorb regulieren. Profis und Amateure sind von dem eigentümlichen, warmen Sound oft gleichermaßen beeindruckt. Er wirkt nie künstlich und kann der Aufnahme von Sprache, Gesang, lauten und leisen Instrumenten neue Aspekte abgewinnen. Der voluminöse Mikrofonkorpus wurde technisch und optisch dem RCA Type 77-D aus den 1940er Jahren nachempfunden, welches auch die von Apple und Google verwendeten Mikrofon-Symbolgrafiken inspiriert hat.
Stärken und SchwächenEine Spannungsversorgung wird prinzipbedingt nicht benötigt, abseits von Profi-Mischpulten braucht es jedoch einen Vorverstärker. Vorsicht beim Anschluss an Mikrofoneingänge mit Phantomspeisung: Sie kann die Funktionsfähigkeit von Bändchenmikrofonen klassischer Bauart wie diesem - ohne integrierten Vorverstärker - komplett zerstören. Überhaupt ist das Teil anfälliger als gewöhnliche Mikrofone. Es sollte in aufrechter Position betrieben und gelagert werden, ist konsequent vor Staub und Feuchtigkeit zu schützen. Unmittelbar in den Mikrofonkorb hineinblasen ist ebenso riskant wie zu starkes Anstoßen oder generell ruckartiges bewegen. Nur Porzellan scheint noch sensibler zu sein. Was gerne auf sich nimmt, wer den Sound wirklich mag. Das Basissignal ist allerdings nicht so leicht kontrolliert einzufangen. Auf Grund der Achter-Richtcharakteristik fällt der Schall beim vertikal montierten Mikrofon sowohl auf der Vorderseite als auch auf der Rückseite in einem jeweils nierenförmigen Feld optimal ein. Nur Schallereignisse, die sich an den Flanken abspielen, sind nicht oder kaum hörbar.
Preis-Leistungs-VerhältnisNicht wenige werden sich in das Klangbild dieses mit einem Amazon-Kurs von circa 180 Euro sehr bescheiden getaxten Bändchenmikrofons verlieben, müssen sich aber seiner Tücken bewusst sein: Die Mono-Achter-Richtcharakteristik ist eine aufnahmetechnische Herausforderung, mechanisch ist der sanfte Riese ein Sensibelchen. Bändchen-Charme gibt es mit dem Superlux R102 schon für etwa 130 Euro, hier ist die beim anderen Produkt zerstörerische Phantomspeisung jedoch zwingend erforderlich.



