Wenn möglichst viele Generationen für Spielspaß an einem Tisch versammelt werden sollen, wird in der Regel zum Familienspiel gegriffen. Charakteristisch für diese Spielegruppe sind einfache Regeln und stark eingeschränkte Handlungsspielräume, welche es auch den Kleinen sowie Oma und Opa erlauben, den Überblick zu behalten und ohne viel Regeln einfach losspielen zu können. Familienspiele müssen dabei einen enormen Spagat vollziehen, welcher sehr verschiedene Spielertypen zusammenbringt.
Familienspiele müssen einen großen Spagat bewältigen
Denn die wenigsten Gelegenheitsspieler haben Lust auf eine stundenlange Regelerklärung oder komplizierte Mechanismen, die viel Punkterechnerei voraussetzen. Und so müssen Familienspiele diejenigen an den Tisch bringen, welche sich nur hin und wieder zu einem Spielchen überreden lassen, die Kinder mit ihrem (noch) begrenzten Verständnis für Regeln und die erfahrenen Spieler, welche deutlich komplexere Spiele gewohnt sind. Daher bieten moderne Familienspiele meist sehr spannende und grafisch schön umgesetzte Hintergründe, die mit eingängigen Regeln ohne allzu großen Tiefgang kombiniert werden.
Einstieg mit abstrakten Strategiespielen
Bei einigen Familienspielen stellt sich aber erfreulichweise heraus, dass die Regeln zwar äußerst einfach gestaltet und schnell erklärt sind, sich im Endeffekt aber ein durchaus tiefschichtiges Spiel ergibt, bei dem viel taktisches Geschick vonnöten ist. Denn einfache Regeln sind nicht gleichbedeutend mit stupiden Abläufen. Das ist gut an abstrakten Strategiespielen wie Blokus und Rumis zu erkennen, bei denen im Grunde lediglich Runde für Runde ein Spielstein gesetzt werden muss. Doch die Positionierung und Anordnung der Steine ist alles andere als banal – hier wird das logische Denkvermögen der Kleinen trainiert, die Erwachsenen grübeln umso mehr und das so entstehende Gebilde sieht am Ende auch noch hübsch aus.
Legespiele ergänzen diese Erfahrung um greifbare Themen
Der nächste Schritt sind die Legespiele mit etwas weitergehenden Regeln und vor allem greifbaren Hintergründen. Und so legt man beispielsweise Eisenbahnlinien, Stadtviertel oder Tiere in einem Zoo aus. Je nach Positionierung gibt es dann unterschiedliche Punkte und es kann durch das Legen von Spezialteilen zu abweichenden Effekten kommen, die auch die anderen Spieler beeinflussen. Neben der reinen Positionierung der Teile spielen dann manchmal noch Dinge wie dafür nötige Ressourcen eine Rolle, die man erst einmal zum Beispiel in Form von Waggon-Karten sammeln muss. Hier halten sich Regelaufwand und Spieltiefe am ehesten die Waage.
Alternative für spielbegeisterte Familien: Spiele mit "Worker-Placement"-Mechanismus
Sehr beliebt sind mittlerweile aber auch die Autorenspiele aus deutschen Spieleschmieden. Auch hier wird gerne ein konkreter, leicht verständlicher Hintergrund wie der Aufbau einer Glasmanufaktur, der Bau eines mittelalterlichen Palastes oder die Entwicklung eines kleinen Steinzeitdorfes mit einfachen Mechanismen umgesetzt, die sich aktuell gerne des sogenannten „Worker Placements“ bedienen. Dabei hat jeder Spieler je Spielzug meist drei bis fünf Aktionen zur Verfügung, die durch kleine Spielfiguren dargestellt werden. Je nachdem, auf welches Feld oder welche Karte man sie setzt, profitiert man von Vorteilen wie mehr Ressourcen, Arbeitern/Bewohnern oder ausgelösten Ereignissen. Es gibt also eine sehr beschränkte Anzahl an Handlungen, für die eine überschaubare Auswahl an Möglichkeiten bereitsteht – doch die Auswirkungen, je nachdem welche Auswahl man in welcher Reihenfolge trifft, sind ausgesprochen vielschichtig.
von
Janko Weßlowsky
Redaktionsleiter – bei Testberichte.de seit 2007.