Schade ums Geld
Von einem Eisenbahnaufbauspiel verlange ich zunächst erst einmal als unabdingbare Grundfunktion, daß die Eisenbahn funktioniert.
Also daß man Züge auf den selbstgebauten Gleisstrecken fahren lassen kann und das Gleisnetz immer komplexer und ausgefeilter gestaltet - und immer mehr Züge darauf fahren läßt.
Und das hapert bei Sid Meier's Railroads derart, daß der Spielspaß schon nach ca. zwei bis drei Stunden wie weggeblasen ist und einfach nur Enttäuschung und Frustration weicht.
Direkt Vorweg:
Es ist mit das schlechteste Eisenbahnspiel, daß ich überhaupt kenne.
Man spielt nach dem Tutorial das erste Szenario nicht einmal fertig - weil es macht einfach keinen Spaß, denn die Grundseele des Spiels funktioniert einfach nicht richtig.
Das alte Railroad Tycoon war schon nicht perfekt und hatte vor allem bei größeren Streckennetzen seine Schwächen und Fehler.
Aber immerhin konnte man hier Signale stellen und Wegpunkte vergeben.
Man sollte davon ausgehen, daß ein Nachfolger mindestens die Fähigkeiten seines Vorgängers hat und die Schwächen und Fehler beseitigt wurden.
Vielleicht dann auch noch an anderen Ecken was dazugekommen ist.
Bei Railroads alles weit gefehlt. Fehler und Schwächen hat man gar nicht erst angegangen, sondern diese Funktionen einfach gleich ganz weggelassen und sich stattdessen darauf konzentriert mit einer komfortablen Bedienbarkeit und neuester Grafik über den eigentlichen Kern solange hinweg zu täuschen - die Leute zu blenden - bis das Spiel mit lobenden Testberichten überhäuft und in ausreichender Stückzahl verkauft worden ist.
Ja, das tut weh, ich weiß. Und das soll es auch, denn es ist die Wahrheit.
Denn wer fragt mich, den zahlenden Kunden und Spieler, wie ich mich angesichts der Situation fühle, ein neues Spiel zum Vollpreis gekauft zu haben, daß nicht sauber funktioniert?
Lediglich die Grafik wurde verbessert. Da braucht man dann aber auch keine Lobeshymnen anstimmen, nur weil die Grafik heute besser ist, als wie sie vor einigen Jahren noch war - normal, oder?
Zwar ist bei Railroads die Grafik der modernen, leistungsstarken Rechner auf ein neues Niveau angepasst - auch wenn ich den gewollten Eindruck, daß sich alles in einer kindlichen Landschaft einer billigen Spielzeugeisenbahn abspielt (Entfernung Las Vegas - Los Angeles wird mit 11km angegeben) persönlich nicht mag.
Die 3D-Modelle der neuen Lokomotiven sehen aus, als wenn sie in einer Schokoladenfabrik gegossen worden wären...aber das ist Geschmackssache.
Aber die hübscheste Grafik nützt nix, wenn das Spiel nicht funzt.
Es kann ja nicht sein, daß ein Spiel alleine deswegen in den höchsten Tönen gelobt wird, nur weil es optisch up-to-date ist.
Was nützt mir ein Skatspiel mit traumhaft schönen Karten, wenn eine Karte fehlt?
Gar nichts, denn ich kann ja nicht damit spielen!
Das alte Railroad Tycoon konnte zumindest noch wesentliche Dinge, die in dem neuen Railroads gänzlich fehlen.
Das größte Hauptproblem besteht darin, daß im Gegensatz zum alten Railroad Tycoon die Signale nicht manuell gestellt werden können. Auch können Signale nicht entfernt werden, was durchaus zu ganzen Signalwäldern führen kann.
Das Ergebnis liegt folglich auf der Hand: Chaos auf der Schiene.
Doppelte Gleise zu bauen - wofür extra eine eigene Funktion geschaffen worden ist - macht überhaupt gar keinen Sinn, da man den Gleisen keine Fahrtrichtung vorschreiben kann.
Alle Gleise sind immer in beide Richtungen befahrbar und die Züge gehen immer nur auf die kürzeste Streck zu ihrem Zielort.
Das führt dazu, daß das Parallel-Gleis gar nicht befahren wird, und sich auf dem anderen die Züge permanent frontal gegenüberstehen und blockieren.
Einfahrten zu größeren Bahnhöfen, die über mehrere Gleise verfügen, sind bei mehreren Zügen ganz schnell dauerblockiert - hier geht gar nichts mehr vor und nix mehr zurück. Das einzige, was dann noch geht, sind die Fehlermeldungen, daß dieser und jener Zug sich über geraume Zeit nicht bewegt hat - und man möge doch ein paralleles Gleis bauen. Und man baut 5-spurig, 6-spurig.... und das Chaos wird nur noch schlimmer.
Passagiere und Post zu transportieren macht keinen Sinn mehr, weil Terminfracht gibt bei monatelangen Verspätungen eben kein Geld mehr....
Sid Meier's Programmierer haben das ganz 'elegant' gelöst: Nach ca. 3...4 Monaten (InGame-Zeit) Totalstillstand, fahren die Züge dann einfach geisterhaft durcheinander durch....das funktioniert dann aber nur bei zwei Zügen. Stehen sich drei Züge mit gleicher Priorität gegenüber, geht gar nichts mehr.
Und mann sitzt haareraufend davor und bejammert die schöne zweispurige Strecke, auf der man mit Links- oder Rechtsverkehr so fließend drauf fahren könnte - aber nein, in Sid Meier's Railroads beherrscht der Gegenverkehr das Gleis.
Sich irgendwelche auskeglügelten Gleistrecken zu überlegen, mehrgleisige Bahnhöfe mit komplexen Weichenanlagen oder Wendeschleifen zu bauen - was meines Erachtens eigentlich ja der Hauptspaß eines solchen Spiels sein sollte - macht bei Sid Meier's Railroads überhaupt keinen Sinn.
Sobald mehr als ein Zug im Schienennetz unterwegs ist, gibt es Chaos, Staus und Stillstände.
Und das wird immer schlimmer, je mehr Züge unterwegs sind.
Klartext:
Hier wurde nicht sauber fertig programmiert, sondern zur termingerechten Markteinführung einfach nur schnell und gründlich rumgefuscht!
Voll daneben, Herr Meier!
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